Nass-in-Nass-Technik und Tipps - Ölporträtmalerei

ARTIKEL:  ANDREAS FISCHBACHER / MALER UND PRIVATDOZENT  / September 2020 


Nass in Nass Ölporträt-Malerei und Maltechnik

Im folgenden Artikel erfahren Sie die wichtigsten Schritte, wie ein Porträt mit der Nass-in-Nass-Technik angerfertigt wird. Die Nass-in-Nass-Technik gehört ebenfalls zur Gruppe der Alla-Prima-Malerei, da meist in einem Malschritt direkt auf die Leinwand gearbeitet wird. Die Nass-in-Nass-Technik ist eine zügige, spontane und deckende Maltechnik. Zur Durchführung eignen sich Ölfarben besser als Acrylfarben. Wir haben uns auf die wichtigsten Informationen beschränkt und stellen Ihnen Tipps aus der Praxis vor. Nutzen Sie diese Anleitung, um Ihre persönliche Kunst anzufertigen. Ziel ist es auf häufig gestellte Fragen der LeserInnen und Workshop-TeilnehmerInnen zu reagieren.

 

Einen ersten Eindruck der Nass-in-Nass-Technik gibt das folgende Selbstporträt von Vincent Van Gogh.

Selbstporträt Nass-in-Nass Technik
Vincent Van Gogh, Selbstporträt mit Palette, Öl auf Leinwand, 1889

Inhalte

Nass-in-Nass-Technik: Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Nass-in-Nass-Technik gehört zur Gruppe der Primärmalerei.
  2. Die Technik erfordert zügiges Arbeiten ähnlich der Alla-Prima-Technik.
  3. Der dickflüssige Farbauftrag hat geringe Detailgenauigkeit zur Folge.
Abstrakt, Malspachtel, Pinselführung, pastoser Farbauftrag
Abstrakte Pinselführung und pastoser Farbauftrag der Nass-in-Nass-Technik

Einsatzgebiete und Vor- und Nachteile

Wie alle großen Maltechniken, bietet die Nass-in-Nass Technik viele positive Aspekte, dennoch wollen wir Ihnen nicht die Nachteile vorenthalten und Ihnen vorab auch das beste Einsatzgebiet vorstellen.

Einsatzgebiete:

  • Spontane Porträts mit pastosem Farbauftrag
  • Schaffung einer dreidimensionalen Bildstruktur
  • Expressionismus

Nach dem Sie nun die wichtigsten Einsatzgebiete kennen, folgen nun die wichtigsten Vor- und Nachteile.

Vorteile:

  • Schnelles Arbeiten
  • Spontanität
  • Farbmischung auf der Leinwand

Nachteile: 

  • Ungenauigkeit
  • Lange Trocknungszeit
  • Hoher Farbverbrauch
Pinselführung in der Nass-in-Nass-Technik
Nass-in-Nass-Technik Pinselführung

Maltechnik Nass-in-Nass, Definition, Protagonisten

Zu Anfangs soll die Frage geklärt werden, was ist Nass-in-Nass Technik eigentlich? Kommen wir nun also zur Beschreibung dieser speziellen Maltechnik. Die Nass-in-Nass Malerei bezeichnet eine Malmethode, deren Durchführung darauf basiert, dass die Ölfarbe lange Zeit „nass“ oder „offen“ bleibt. Die mit herkömmlichen Malmitteln verdünnte Ölfarbe benötigt ca. eine Woche bis sie getrocknet ist, abhängig von der Farbmenge, des verwendeten Malmittels und der Grundierung. Jedoch bildet die Ölfarbe an der Oberfläche der Bilder relativ rasch eine dünne Haut und ist dann nicht mehr vermalbar. Um dies zu verhindern mengt man Trocknungsverzögerer bei.

 

Diese Art von Malerei setzt ein Mindestmaß an technischem Können voraus – die Farbe kann auf der Leinwand gemischt werden, was besonders gut beim Wangenrot zur Geltung kommt. Man kann die Leinwand farbig untermalen und damit schöne Effekte erzielen. Bei gegenständlicher Nass-In-Nass-Technik kann man, wie bei allen anderen Techniken auch, eine Vorzeichnung anlegen. Da man nicht in Schichten arbeitet, müssen Sie bei der Nass-in-Nass-Technik die Fett-auf-Mager Regel nicht beachten. Der Bildkörper bleibt stabil und es bilden sich kaum Risse beim Trocknen.

 

In der Geschichte der Kunst ist die Technik im Impressionismus und Expressionismus stark verbreitet und auch Maler des abstrakten Expressionismus und Fauvismus fertigten ihre Bilder mit der Hilfe der Durchführung der Nass-in-Nass Maltechnik an. Weiteres hat schon der Künstler Franz Hals im 17. Jahrhundert Nass-in-Nass gemalt. Einige der bekanntesten Maler und Malerinnen, der Nass-in-Nass-Technik sind: Franz Hals, Vincent Van Gogh, Tina Blau, Claude Monet, Otto Dix, Neo Rauch, Paula Modersohn-Becker und tlw. auch Tizian und Rubens. 

Porträtdetail, Detail eines Porträts in Nass-in-Nass-Technik
Detail eines Porträts in Nass-in-Nass-Technik

Benötigte Materialien

Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über Materialien, welche Sie für die Durchführung der Nass-in-Nass Technik benötigen:

  • Staffelei
  • Passender Malgrund, Leinwand, Holz- oder MDF-Platten
  • Ölfarben, Acrylfarben vermischt mit Retarder
  • Malbutter oder ähnliche Zusatzstoffe
  • Trocknungsverzögerer
  • Pastell- oder Rötelstift, falls Vorzeichnung erfolgen soll
  • Stabile Acrylhaar- oder Borstenpinsel

Malgründe und Grundierung

Bei der Nass-in-Nass-Technik können sämtliche Bildträger verwendet werden. Leinwände mit grober Oberflächenstruktur unterstützen den pastosen Farbauftrag und geben dem Bild mehr „Körper“. Allerdings eignen sich Holz- und MDF-Platten (MDF erklären) ebenso.

 

Interessante Effekte lassen sich bei Verwendung nicht grundierter Baumwolle oder Leinen erzielen. Bei einer Leinwand, für die keine Grundierung verwendet wurde, erhöht sich allerdings die nötige Menge an Malmittel und Farbe erheblich. Die Erklärung dafür ist, dass die rohe Faser das Öl sofort einsaugt. Oftmals werden grundierte Leinwände vor Malbeginn mit einer dünnen Schicht Malmittel eingeölt. 

Farben für die Nass-in-Nass-Maltechnik

Für Nass-in-Nasstechniken kann man alle herkömmlichen Ölfarben verwenden. Allerdings raten wir vom Einsatz oftmals lasierender und mitunter teurer Farben ab, da diese nicht genug Deckkraft besitzen. Bei der Nass-in-Nass Malerei sollten Sie deckende Farben mit hoher Leuchtkraft und pastoser Konsistenz verwenden, damit lassen sich die besten Effekte erzeugen.

 

Um der Ölfarbe noch zusätzlichen Körper (schwere, pastose Konsistenz) zu verleihen, eignen sich der Einsatz von Malbutter oder anderer im Handel erhältlicher Zusatzstoffe.

  

Tipp: Verwenden sie bei dieser Technik keine Lasurtöne, sondern eher deckende Farben. 

Das richtige Malmittel, Einsatz von Trocknungsverzögerern

Bei der Nass-in-Nass-Malerei mit Ölfarben ist das zu verwendende Malmittel entscheidend. Um die Durchführung eines möglichst langen Arbeitsprozesses (über 2-3 Tage) am Bild zu ermöglichen sollen die Farben so lange wie möglich nass bleiben. Dafür kann man dem Malmittel sogenannte Trocknungsverzögerer beimengen. Darunter versteht man sehr langsam trocknende Öle, wie Mohn- oder Nussöl. Diese Öle werden dem Malmittel in bestimmten Mischverhältnissen beigemengt. Sie können auch pur – also in reiner Form verwendet werden – die Trocknungszeit kann so auf sehr lange Zeit (mehrere Tage oder Wochen) hinausgezögert werden. 

Leinöl, Mohnöl
Malmittel Zubereitung mit Mohnöl

Nass-in-Nass Maltechnik: Vorzeichnung

Die Leinwand kann man wie bei allen übrigen Techniken mit einer Vorzeichnung versehen. Die Vorzeichnungen bei Ölmalerei sollten prinzipiell eher mit einem Rötelstift, als mit Bleistiften erfolgen, da Bleistifte Grafit enthalten und dieser die Eigenschaft hat, mit der Zeit an die Farboberfläche zu gelangen. Mit Pastell- oder Rötelstiften sind sie auf der sicheren Seite. Vor allem wenn Sie an einem Porträt arbeiten, ist eine Vorzeichnung sehr hilfreich. 

Vorzeichnung, Andreas Fischbacher
Andreas Fischbacher, "Karl-Thomas", 2018, Alla Prima (Nass-in-Nass) mit Vorzeichnung

Anleitung zur Durchführung: Malvorgang und Fertigstellung

Eine gute Vorbereitung, zügiges Arbeiten und Spontanität sind die Schlagworte, die eine erfolgreiche Umsetzung eines Porträts in Nass-in-Nass-Technik erfordern und großartige Bilder hervorbringen. Nichts ist jedoch so entscheidend wie eine gute Vorbereitung und ein wohlüberlegtes Konzept. Denken sie darüber nach, was die nächsten Schritte sein könnten, bevor sie zum Pinsel greifen. Da sich die Farben nach dem Motiv richten, sollten diese gut gewählt werden.

 

Tipp: Ums sich über die Farbgestaltung und die Licht-Schatten-Verhältnisse klar zu werden, nehmen sie eine kleine Malplatte (18x24 cm) und fertigen sie eine rasche Ölskizze des Motivs.

 

Die Farben sollten immer in Reichweite des Künstlers, der Künstlerin sein, bei RechtshänderInnen auf der rechten Seite und umgekehrt bei LinkshänderInnen, ebenso sollte das Malmittel in Reichweite sein, sowie Pinsel, Pinselreiniger und Tücher. 

Nur mit einer sauberen Vorbereitung können Sie ihr volles Potential ausschöpfen und eines Tages solche tollen Bilder wie das folgende erschaffen.

Beim Pinsel sollten Sie aufgrund der pastosen Farbe eher zu stabilem Acrylhaar oder Borstenpinseln greifen. Verwenden sie eigene Pinsel für jeweils helle und dunkle Farben. Arbeiten Sie nach der folgenden Anleitung, um Ihr Ziel zu erreichen und wunderschöne Kunst zu erschaffen.

  • Fertigen Sie Ihr eigenes Malmittel, dann beachten Sie bitte was wir über Trocknungsverzögerer geschrieben haben.
  • Nachdem Sie die Leinwandgröße gewählt haben, montieren Sie die Leinwand bitte auf eine Staffelei.
  • Wir empfehlen die Palette mit den Farben in der Reihenfolge Weiß, Gelb, Ocker, Rottöne, Brauntöne, Blau und Schwarz anzuordnen (siehe Bild). Die Farbmenge sollte so gewählt sein, dass Sie gut damit auskommen.
  • Die Leinwand sollte gut ausgekeilt sein.
  • Falls Sie mit einer Vorzeichnung arbeiten möchten, geht es nun an die Vorzeichnung mit Rötel.  Diese sollte mit einem Fixativ-Spray mehrmals fixiert werden.
  • Nach Wunsch und abhängig von Ihrer Fertigkeit und dem gewünschten Ergebnis, können Sie die Leinwand kurz vor dem Malen dünn mit Malmittel bestreichen, dazu verwenden Sie einen breiten Pinsel oder einen weichen Lappen.
  • Danach fertigen Sie das Bild indem Sie die dunklen Töne zuerst auftragen, dies dient der Orientierung.
  • Sie können die Farben auf der Leinwand mischen, der Farbauftrag sollte pastos erfolgen.

Trocknungszeit und Firnis

Wir bekommen immer wieder Anfragen von Interessenten ob fertige Bilder gefirnist werden sollen oder nicht.

Beim Nass-in-Nass Ölporträt ist es eher ratsam sehr lange zu warten, bis man einen Schlussfirnis aufträgt. Die Trocknungszeit pastos gemalter Ölbilder beträgt bis zu einem Jahr, davor sollte kein Firnis aufgetragen werden. Die meisten Werke zeitgenössischer KünstlerInnen werden sehr selten gefirnist.

 

Wir wüschen viel Erfolg beim Malen!

 


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